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Die MiCAR Verordnung (EU) 2019/1937

I. Einleitung

Alle, die in der Europäischen Union Kryptowerte ausgeben oder Dienstleistungen mit Kryptowerten erbringen, werden bald neue Regeln zur Geldwäsche befolgen müssen. Es soll ein strenger internationaler Standard für den Handel von diesen etabliert werden, insbesondere um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu unterbinden. Noch mehr als sonst gilt es, frühzeitig Vorkehrungen zu treffen.

II. Der Verordnungsentwurf und seine grundsätzlichen Regelungen

Die Europäische Kommission gab am 30.06.22 bekannt, dass eine Einigung über den Vorschlag der Verordnung zum Thema Markets in Crypto-Assets (MiCAR) erzielt wurde. Diese neue Regelung soll sich auf alle Emittenten ungedeckter Kryptowerte und Stablecoins sowie die Handelsplätze und Wallets, in denen Kryptowerte gehalten werden, erstrecken. Frühestens Anfang 2024 wird mit einem Inkrafttreten gerechnet.

Der Regelungsrahmen soll Rechtsklarheit und -sicherheit schaffen, Verbraucher schützen, sowie fairen Wettbewerb und Innovationen fördern. Die neuen Pflichten für Unternehmer sind vielfältig.

Anbieter von Krypto-Dienstleistungen werden verpflichte, strenge Vorgaben zum Schutz der Verbraucher zu erfüllen und sind haftbar, wenn sie Kryptowerte von Anlegern verlieren. Auch Marktmissbrauch durch Marktmanipulation oder Insider-Geschäfte sollen unterbunden werden. Anbieter von Kryptodienstleistungen müssen verstärkte Kontrollen durchführen, um die Anforderungen an Anteilseigner und die eigene Geschäftsführung sicherzustellen.

Zudem müssen Erklärungen mit Informationen über den ökologischen und klimatischen Fußabdruck vorgelegt werden.

Emittenten von Stablecoins müssen eine ausreichende liquide Reserve im Verhältnis 1:1 und teilweise in Form von Einlagen bilden. Die Inhaber von Stablecoins können jederzeit und kostenlos einen Anspruch auf Umtausch ausüben. Die Emittenten unterliegen der Aufsicht der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA).

Anbieter von Krypto-Dienstleistungen werden eine Zulassung benötigen, um in der EU tätig zu werden.

III. Praxisfolgen und Ausblick

• Da es sich um eine Verordnung handelt, wird diese automatisch in allen EU-Ländern unmittelbar gelten. Die geplanten Regeln werden also in vollem Umfang zu befolgen sein, wobei es einzelnen Mitgliedstaaten freisteht, darüber hinaus strengere Vorgaben zu erlassen.

• Einige Stimmen aus der Wissenschaft sehen den Vorschlag als nicht weitgehend genug an. Eine Nachschärfung ist also nicht auszuschließen. DeFi (Decentralized Finance) wird kaum erwähnt und auf NFT (Non-Fungible Token) ist die Verordnung nach ihrem Entwurf nicht anwendbar.

• Sofern die Verordnung Anfang 2024 tatsächlich in Kraft tritt, haben die betroffenen Emittenten, Händler und Wallets ein enges Zeitfenster. Insbesondere die Schaffung liquider Reserven könnte Probleme bereiten. Auch die bisher nicht explizit geklärten Haftungsfragen bei Verlust von Kryptowerten werfen aufgrund der hohen Volatilität des Handels Fragen zur Reichweite der Gewährleistung auf.

• Offen ist, wie sich der nicht immer zweifelsfreie Ruf, der Kryptowerten in der Vergangenheit anhaftete, mit der finalen Verordnung auf Emittenten und Verbraucher auswirkt. Es bleibt zu hoffen, dass keine rechtliche Risikoverschiebung auf die redlichen Nutzer erfolgt. Bereits jetzt sind Marktteilnehmer gut beraten, den aktuellen Status Quo und Methoden auf ihre Legalität in Hinblick auf Insider-Geschäfte und Marktmanipulation zu checken.

• Wie, unter welchen Voraussetzungen und bis wann (mit eventuellen Übergangsfristen) eine Zulassung für die Anbieter von Krypto-Dienstleistungen erforderlich sein wird, ist offen. Fallstricke und Zweifelsfragen sind absehbar, sodass eine rechtliche Begleitung von Anfang an Sparpotential haben wird. Ebenso verhält es sich mit Berichtspflichten, um Sanktionen zu vermeiden.

• Eine Regulierung des Krypto-Marktes ist durchaus wünschenswert, da dieser somit auch an Wert gewinnt. Die künftigen Anforderungen im Einzelnen sind für Marktteilnehmer indes aber nicht unkritisch. Über eine Vorbereitung auf die bei Inkrafttreten zu erfüllenden Pflichten hinaus ist eine vorbeugende Implementation von entsprechender Compliance zu empfehlen. Dass sich anfangs im oft mager aufeinander abgestimmten Recht und der Kryptowelt einige juristische Diskrepanzen ergeben, ist abzusehen. Hierzu sollte im Sinne einer Rechtssicherheit ein „lieber zu viel als zu wenig“ gelten.

 

 

Autor: RA Christian Nitzke