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Das Wachstumschancengesetz wurde am 27. März 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das Gesetz soll Investitionsimpulse setzen, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken. Weitere Änderungen sind der Rechtsprechung sowie der „Wertsicherung“ (Inflationsausgleich) durch Anpassung von Freibeträgen oder Pauschalen geschuldet.

Ursprünglich hatte das Bundeskabinett im Sommer 2023 einen viel umfassenderen Gesetzesentwurf veröffentlicht, dem der Bundesrat jedoch seine Zustimmung verweigerte. Deswegen waren eilbedürftige Teile in ein Kreditzweitmarktförderungsgesetz (als weiteres “Omnibusgesetz”, mit steuerlichen und anderen Änderungen) überführt und im Dezember 2023 verabschiedet worden. Hervorzuheben ist die Anpassung des Grunderwerbsteuergesetzes an das neue Personengesellschaftsrecht (MoPeG-Gesetz) durch § 24 GrEStG, wonach rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer vorerst als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen fortgelten. Zivilrechtlich waren diese Konstruktionen für etwa die GbR  entfallen, hierbei aber die steuerlichen Konsequenzen mit Wirkung ab 2024 (u.a. für die Grunderwerbsteuer) durch den Zivilrechtsgesetzgeber “vergessen” worden. Dies wurde in letzter Minute, durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz behoben. Langfristig müssen die grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen des Ein- und Austritts in Personengesellschaften sowie des Übergangs von und auf solche Rechtsträger neu geregelt werden.

Der Regierungsentwurf sah rund 50 Einzelmaßnahmen und eine Entlastung von über 6 Milliarden Euro vor. Im Vermittlungsverfahren wurde das Entlastungsvolumen stark reduziert. Gestrichen wurde die vorgesehene Klimaschutz-Investitionsprämie als auch eine Anzeigepflicht für innerstaatlichen Steuergestaltungen. Dies ist aus Sicht der Praxis begrüßenswert und vermeidet neue Bürokratie und Rechtsunsicherheiten.

Kernpunkte des (verschlankten) Wachstumschancengesetzes sind:

  • Einführung degressive Abschreibung auf Abnutzung (AfA) für Wohngebäude von 5%,
  • Zeitweise Einführung degressiver AfA auf bewegliche Wirtschaftsgüter bis Ende 2024,
  • befristete Anhebung des Verlustvortrags auf 70% (ohne Gewerbesteuer),
  • Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung sowie
  • Maßnahmen zur Vereinfachung des Steuersystems und zum Bürokratieabbau.

Ein Überblick über wichtige Neuerungen:

 Änderungen im Einkommensteuerrecht (mit Wirkung auch für Körperschaften)

Zahlreiche Neuregelungen betreffen das Einkommensteuerrecht und damit im Wege der Verweisung auch das Körperschaftsteuerrecht. „Wertsichernden“ Charakter hat etwa die Erhöhung der Pauschale für Mehraufwendungen von Berufskraftfahrern bei Übernachtungen im Fahrzeug von 8 auf 9 Euro, § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b Satz 2 EStG. Erwägenswert wäre eine generelle Indexierung (Kopplung an den Anstieg der Lebenshaltungskosten) von Pauschalen oder Freibeträge wie im US-Steuerrecht.

Elektrofahrzeuge

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 EStG (1 %-Regelung) ist bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Elektrofahrzeugs oder Brennstoffzellenfahrzeuge nur ein Viertel der Bemessungsgrundlage (Bruttolistenpreis) und nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG (Fahrtenbuchregelung) nur ein Viertel der Anschaffungskosten oder Aufwendungen anzusetzen. Die Obergrenze des Bruttolistenpreis wird für ab 2024 angeschaffte Fahrzeuge auf 70.000 EUR angehoben. Dies gilt entsprechend bei Überlassung an Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 2 Satz 2, 3 und 5 EStG).

Einlagen junger Wirtschaftsgüter

Einlagen junger Wirtschaftsgüter werden ab dem VZ 2024 nur noch dann mit (fortgeführten) Anschaffungs-/Herstellungskosten bewertet, wenn diese aus dem Privatvermögen stammen. Dies ist Reaktion auf die BFH-Entscheidung vom 21. Juni 2021, I R 32/17, BStBl. II 2023, S. 686, um Gestaltungen zu verhindern.

Befristete Wiedereinführung degressiver AfA

Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens war mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz zum 2020 eingeführt und schließlich bis Ende 2022 verlängert worden. In Anbetracht der konjunkturellen Situation wird eine degressive Abschreibung auch für entsprechende Wirtschaftsgüter, die ab April 2024 bis Ende 2024 angeschafft oder hergestellt wurden oder werden, gestattet. Allerdings darf der anzuwendende Prozentsatz höchstens das Zweifache des bei der linearen Jahres-AfA in Betracht kommenden Prozentsatzes und maximal 20% betragen.

Option zur degressiven AfA bei Neubauten bis Oktober 2029

Zur Ankurbelung der Baukonjunktur wird eine (2006 abgeschaffte) degressive Abschreibung für Neubauten wieder eingeführt: Bei in der EU/EWR belegenen Wohngebäuden, deren Herstellung oder Anschaffung ab Oktober 2023 und vor Oktober 2029 beginnt, wird ein Wahlrecht zur degressiven statt linearen Absetzung (in Jahresbeträgen in Höhe von 5 Prozent des jeweiligen Buchwert/Restwert) geschaffen.

Anders als bei der früheren degressiven Absetzung für Abnutzung sind für diese geometrisch-degressive Abschreibung nicht gleichzeitig Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen zulässig. Soweit diese eintreten, kann zur linearen Abschreibung gewechselt werden.

Sonderabschreibung bei Mietwohnungsneubau

Die 2018 eingeführten steuerlichen Anreize für den Mietwohnungsneubau (deren Wirksamkeit umstritten ist) werden bis Anfang Oktober 2029 verlängert. Die höchstmöglichen Bemessungsgrundlagen werden von 4.800 auf 5.200 respektive von 2.500 auf 4.000 EUR erhöht.

Verbesserte Sonderabschreibung (§ 7g Abs. 5 EStG)

Die Sonderabschreibung von Investitionskosten und für Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 EUR im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschreiten, wird für ab 2024 angeschaffte Wirtschaftsgüter auf 40 % erhöht. Der ursprüngliche Gesetzentwurf hatte sogar eine Erhöhung auf 50 % vorgesehen.

Vermeidung der „doppelten Besteuerung“ von Renten

Der BFH hatte 2021 (Entscheidungen X R 20/19 und X R 33/19) Vorgaben zur Vermeidung einer „doppelten Besteuerung“ von Altersvorsorgeaufwendungen und resultierenden Rentenleistungen gemacht, die nun wie folgt gesetzlich umgesetzt werden:

Die Freibeträge für Versorgungsbezüge werden nun verlangsamt bis 2058 vollständig abgeschmolzen. Versorgungsbezüge (Renten) sind bei einem Versorgungsbeginn ab 2058 vollständig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG.

Zudem wird § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 3 EStG angepasst. Bereits mit dem JStG 2022 war die prozentualen Begrenzung von Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgabenabzug ab dem VZ 2023 entfallen, um eine „doppelte Belastung“ von Renten für zukünftige Renteneintrittsjahrgänge abzumildern.

Mit der Änderung von § 24a Satz 5 EStG wird der verlangsamte Anstieg des Besteuerungsanteils für den Altersentlastungsbetrag nachvollzogen. Es  wird ab 2023 der anzuwendende Prozentsatz nicht mehr jährlich um 0,8, sondern um 0,4 Prozentpunkte verringert. Der Höchstbetrag sinkt ab 2023 um jährlich 19 anstatt 38 Euro.

Im Lohnsteuerabzugsverfahren sind diese Änderungen ab Januar 2025 zu beachten.

Erweiterter Verlustvortrag

Nach bisherigem Recht war bis zu einem Betrag von 1 Mio. EUR bzw. 2 Mio. EUR (Ehegatten) ein Verlustvortrag unbeschränkt nutzbar sowie für den übersteigenden Teil der Verlustvortrag auf 60 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Veranlagungszeitraums beschränkt. Ab VZ 2024 bis einschließlich 2027 wird der nutzbare Verlustvortrag auf 70 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahres erhöht. Dies gilt auch für Körperschaften (§§ 8 Abs. 1 KStG i .V. m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG). Ab VZ 2028 ist die Rückkehr zur 60%Grenze (sozusagen„Mindestgewinnsteuer“) vorgesehen.

(Keine) Fünftelregelung in der Lohnsteuer 

Die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG für u.a. Entschädigungen oder Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten) darf ab ab 2025 wegen der Fehleranfälligkeit nicht mehr im Lohnsteuerverfahren, sondern nur noch im Veranlagungsverfahren geltend gemacht werden.

Tarifermäßigung bei beschränkt Steuerpflichtigen

Es wird mit Wirkung ab VZ 2025 mit § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. d EStG eine Antragsveranlagung für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer mit tarifermäßigt zu besteuerndem Arbeitslohn ermöglicht. Dies betrifft inhaltlich Arbeitnehmer von außerhalb der EU/EWR, die andernfalls nicht mehr von der vergünstigten Fünftelregelung etwa bei VSOP-Auszahlungen profitieren könnten.

Erhöhte Freigrenze für den Quellensteuereinbehalt nach § 50a eStG

In grenzüberschreitenden Lizenzierungs-Bagatellfällen (oder anderen Rechteüberlassungen, etwa durch auslandsansässige Kreative oder sonstige Urheber oder Rechteinhaber) haben deutsche Lizenznehmer oder Vergütungsschuldner, neben dem leider langwierigen Freistellungs- und/oder Erstattungsverfahrens beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), die Möglichkeit, vom Steuerabzug abzusehen. Die jährliche Freigrenze für die Bagatellregelung wird von 5.000 auf 10.000 EUR für alle Vergütungen für Rechteüberlassungen, die ab 2024 zufließen (gezahlt oder auch verrechnet werden), erhöht. Zudem wird  eine rückwirkende Abzugsverpflichtung anders als nach  § 50c Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. („dies gilt nur, wenn die Vergütung zuzüglich der dem beschränkt Steuerpflichtigen in demselben Kalenderjahr vom Schuldner bereits zugeflossenen Vergütungen 5.000 EUR nicht übersteigt“), vermieden.

Im Klartext: In entsprechenden DBA-Fällen können 10.000 EUR “quellensteuerfrei” gezahlt werden. Erst (i) eine den Betrag von Anfang an übersteigende oder (ii) darauf folgende Vergütungszahlung ist abzugsteuerpflichtig, solange keine Freistellungsbescheinigung des BZSt vorliegt!

“Spendenquittungen”

Auslandsansässigen Zuwendungsempfängern, die  in das Zuwendungsempfängerregister nach § 60b AO aufgenommen sind, wird mit Wirkung ab  2025  die Verwendung amtlich vorgeschriebenen Vordrucke oder die elektronischer Spendenquittung ermöglicht. Somit muss die steuerbegünstigte ausländische Körperschaft sich in das Zuwendungsempfängerregister nach § 60b AO eintragen lassen.

 

Körperschaftsteuergesetz

Der Vermittlungsausschuss ließ die geplanten Änderungen des Körperschaftsteuergesetzes unbeanstandet.

Option zur KSt für alle Personengesellschaften

Alle, auch vermögensverwaltende, Personengesellschaften erhalten die Möglichkeit, zur Körperschaftsbesteuerung zu optieren (vorher nur Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften). Außen vor bleiben reine Innengesellschaften.

Für Kommanditgesellschaften wird klargestellt, dass die steuerneutrale Optionsausübung nicht voraussetzt, dass eine Beteiligung an einer Komplementärin (regelmäßig als mit 0 % beteiligte GmbH oder andere Kapitalgesellschaft) mit in die optierende Gesellschaft eingebracht wird.

Im Unterschied zur “echten” Kapitalgesellschaft, bei der ein Zufluss beim beherrschenden Gesellschafter mit dem Ausschüttungsbeschluss fingiert wird, sieht das Gesellschaftsrecht für Personengesellschaften keinen Ausschüttungsbeschluss vor.  Es wird klargestellt, dass bei beherrschenden Gesellschaftern einer optierenden Personengesellschaft ein kapitalertragsteuerpflichtiger Zufluss erst mit tatsächlicher Entnahme vorliegt. Vorsicht aber bei Gutschrift auf Fremdkapitalkonten eines Gesellschafters!

Zudem wird die Antragsfrist zur Option in Sonderfällen verlängert.

Alle Änderungen an § 1a KStG treten mit Wirkung zum 28.3.2024  in Kraft.

Stromlieferungen von steuerbefreiten Wohnungsgenossenschaften und -vereinen

Wohnungsgenossenschaften und -vereine behalten ab 2023 ihre Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG selbst dann, wenn ihre  Einnahmen wegen Stromlieferung aus Mieterstromanlagen 10 % der Gesamteinnahmen, aber nicht 30 % (bisher 20 %) ihrer Gesamteinnahmen übersteigen. Dies gilt auch für die Gewerbesteuer.

Erstattung von Kapitalertragsteuer durch ausländische steuerbefreiter Körperschaften (NPO’s)

Mit einem  gesetzlichen Erstattungsanspruch wird die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG für im EU- oder EWR-Ausland ansässige NPO’s für die Kapitalertragsteuer nachvollzogen, aber an Nachweise geknüpft.

 

Gewerbesteuer  – Erweiterte Kürzung

Um den Ausbau der Solarstromerzeugung und den Betrieb von Ladesäulen voranzutreiben, steigt bei der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen diesbezüglich die Unschädlichkeitsgrenze 20%.

Nicht Gesetz wurde ein erweiterter Verlustvortrag in § 10a GewStG, anders als bei der Körperschaftsteuer.

 

Umsatzsteuergesetz

Umsatzsteuerbefreiungen

In Betreuungs- und Unterbringungsverfahren zur Unterstützung einer hilfsbedürftigen Person tätige Verfahrenspfleger werden ab April 2024 umsatzsteuerlich als begünstigte Einrichtungen anerkannt.

Weiterhin wird ab April 2024 die Umsatzsteuerbefreiung auf im Rahmen einer Unterbringung oder freiheitsentziehenden Maßnahmen für Minderjährige tätige Verfahrensbeistände erstreckt.

Leistungen von Zweckbetrieben

Es wird klargestellt, dass § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG nur auf Leistungen von Zweckbetrieben gemäß §§  66 bis 68 AO anzuwenden ist, nicht auf Zweckbetriebe nach § 65 AO. Bei Zweckbetrieben i.S.v. § 65 AO werde dem Wettbewerbsgedanken durch die Definition in § 65 AO Rechnung getragen.

Übertragung von Emissionszertifikaten

Die Vereinfachungsregelung, dass der Leistungsempfänger als Steuerschuldner gilt, wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger § 13b Abs. 2 UStG angewandt haben, obwohl dies objektiv nicht zutreffend war, wird auf die Übertragung von Emissionszertifikaten erstreckt.

Obligatorische elektronische Rechnung (ab 2025, aber Übergangszeitraum)

Die verpflichtende eRechnung ab 2025 wird Voraussetzung für die (noch einzuführende) Verpflichtung zur transaktionsbezogenen Meldung von Umsätzen im B2B-Bereich durch Unternehmer an ein bundeseinheitliches elektronisches Meldesystem. Als elektronische Rechnung gilt nur noch eine solche, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und den Vorgaben der Richtlinie 2014/55/EU entspricht. Rechnungen in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier heißen künftig “sonstige Rechnung”. Es wird geregelt, wann eine eRechnung verpflichtend und wann die Verwendung einer sonstigen Rechnung möglich bleibt – letzteres namentlich für Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV) und Fahrausweise (§ 34 UStDV).

Bis Ende 2026 kann statt einer eRechnung eine sonstige Rechnung ausgestellt werden.  Durch § 27 Abs. 39 Satz 1 Nr. 2 UStG wird diese Regelung für Unternehmer mit einem Gesamtumsatz im Kalenderjahr 2026 von höchstens 800.000 EUR bis Ende 2027 verlängert.

Umsatzsteuer-Voranmeldung

Ab dem VZ 2025  „sollen“ alle Unternehmer durch das Finanzamt von der Verpflichtung zu Voranmeldungen und Entrichtung von Vorauszahlungen befreit werden, wenn die Umsatzsteuer für das vorausgegangene Kalenderjahr höchstens 2.000 EUR (bisher 1.000 EUR) betragen hat.

Umsatzsteuererklärungen von Kleinunternehmern

Kleinunternehmer sind ab dem Veranlagungszeitraum 2024 von der Übermittlung von Umsatzsteuerjahreserklärungen befreit , soweit kein Fall von § 18 Abs. 4a UStG (u.a. bestimmte EU-grenzüberschreitende Umsätze, Fahrzeuglieferer)  oder eine gesonderte Aufforderung durch das Finanzamt vorliegt.

Ist-Besteuerung

Ab dem VZ 2024 ist der Höchstwert für die Möglichkeit der USt-Anmeldung nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten von 600.000 EUR auf 800.000 EUR im vorangehenden Kalenderjahr angehoben.

 

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Es wird, mit Wirkung ab 28.3.3024, klargestellt, dass als Schenkung auch die Werterhöhung einer Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA gilt.

Versicherungsunternehmen, die Versicherungssummen oder Leibrenten ins Ausland zahlen oder ausländischen Berechtigten zur Verfügung stellen, haften in Höhe des ausgezahlten Betrags für die Erbschaftsteuer. Allerdings darf die Finanzbehörde die Haftung nicht geltend machen, wenn der ausgezahlte Betrag die Nichtaufgriffsgrenze von künftig 5.000 EUR (bisher 600 EUR) nicht übersteigt. Dies gilt ab 28.3.2024.

Zudem wurde eine vermeintliche Besteuerungslücke geschlossen: § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG wurde dahingehend ergänzt, dass auch ein Anspruch auf Übertragung von Inlandsvermögen durch Vermächtnis der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterfällt. Damit wird auf die Rechtsprechung des BFH (23.11.2022 – II R 37/19) reagiert, der diese Fälle als nicht steuerbar beurteilt hatte. entstandene Besteuerungslücke geschlossen. Die Regelung ist auf Erwerbe ab dem 28.März 2024 anzuwenden, also ab dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes, § 37 Abs. 20 ErbStG.

Abgabenordnung

Internationales Risikobewertungsverfahren

Eine neue Rechtsgrundlage für ein internationales Risikobewertungsverfahren soll eine gemeinsame Einschätzung steuerlichen Risiken verwirklichter Sachverhalte durch mehrere Staaten  ermöglichen. Soweit in dem internationalen Risikobewertungsverfahren das Risiko eines Steuerausfalls im bewerteten Sachverhalt als gering eingeschätzt wird, kann die Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen im Rahmen einer Außenprüfung unterbleiben. Ein entsprechender Antrag ist durch das konzernleitende Unternehmen zu stellen.

Anzeige über Erwerbstätigkeit

Wenn typischerweise kein steuerliches Ausfallrisiko besteht, soll das BMF künftig durch Rundschreiben auf die verpflichtende Anzeige einer Erwerbstätigkeit und die hieran anschließende Auskunftspflicht gegenüber dem örtlichen Finanzamt verzichten dürfen.

Grenzen der steuerlichen Buchführungspflicht

Die Umsatzgrenze zur Begründung einer steuerrechtliche Buchführungspflicht wird für ab Januar 2024 beginnende Wirtschaftsjahre für Unternehmer sowie Land- und Forstwirte auf 800.000 EUR und die (alternativ einschlägige) Gewinngrenze auf 80.000 EUR erhöht.

Grenze für die Aufbewahrungspflicht bei Überschusseinkünften

Steuerpflichtige, die Überschusseinkünfte erzielen, haben die Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zu Grunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten 6 Jahre aufzubewahren. Diese Betragsgrenze wird mit Wirkung ab dem VZ 2027 von 500.000 auf 750.000 EUR erhöht. Bestehende Aufbewahrungsfristen, die bis einschließlich 2026 entstanden sind, gelten jedoch fort, auch wenn die erhöhte Einkunftsgrenze ab 2027 nicht erreicht wird.

Hemmung der Verjährung (§ 230 AO)

Hinsichtlich aller bei Verkündung des Wachstumschancengesetz noch nicht abgelaufenen  Zahlungsverjährungsfristen wird klargestellt, dass § 230 Absatz 2 AO eine Ablaufhemmung der Verjährungsfrist regelt.

Aussetzungszinsen bei Haftungsansprüchen

Aussetzungszinsen werden mit Wirkung für ab VZ 2025 auch für von der Vollziehung ausgesetzte Haftungsansprüche sowie Ansprüche auf Steuerrückerstattungen eingeführt. Dies hatte der Bundesrechnungshof gefordert. Bei (originären) Steueransprüchen war dies bereits Rechtslage.

 

Außensteuergesetz – grenzüberschreitende Finanzierungen

Als Ersatz für die ursprünglich vorgesehene Zinshöhenschranke werden mit Wirkung ab VZ 2024 detaillierte Vorgaben für die steuerliche Anerkennung von grenzüberschreitenden Finanzierungsbeziehungen und -dienstleistungen eingeführt (§ 1 Abs. 3d und 3e AStG). Neben verschärften Anforderungen an die zulässige (fremdübliche) Höhe von Darlehenszinsen soll der Steuerpflichtige auch glaubhaft machen, dass ein Kapitaldienst geleistet werden kann und das Darlehen wirtschaftlich nötig ist. Überdies wird die Auffassung gesetzlich niedergelegt, dass eine unternehmensgruppeninterne Finanzierungsfunktion eine (margenschwache) funktions- und risikoarme Dienstleistung sei.

 

Umwandlungsteuergesetz – Nachspaltungsveräußerungssperre

Die BFH-Rechtsprechung eröffnete Gestaltungsmöglichkeiten zur steuerfreien Veräußerung von Teilbetrieben. Die Nachspaltungsveräußerungssperre in § 15 Abs. 2 Satz 2 bis 4 UmwStG wird mit Wirkung für Spaltungen, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das maßgebende öffentliche Register nach dem 14.7.2023 erfolgt, verschärft.

 

Handelsgesetzbuch  – Schwellenwerte in § 241a HGB

Die Schwellenwerte in § 241a HGB werden – wie in § 141 AO – von 600.000 auf 800.000 EUR (Umsatzerlöse bzw. Gesamtumsatz) sowie von 60.000 auf 80.000 EUR (Jahresüberschuss oder Gewinn) angepasst. Unterhalb dieser Schwellenwerte dürfen Einzelkaufleute eine Gewinnermittlung mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung mit vereinfachter Buchführung durchführen.

 

Forschungszulagengesetz

Die Verbesserungen der steuerlichen Forschungsförderung durch das Wachstumschancengesetzes sind erheblich, insbesondere für mittlere Unternehmen und Start-Ups:

Eigenleistungen eines Einzelunternehmers in einem begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sind, ab Verkündung des Gesetzes, in Höhe von 70 statt 40 EUR je nachgewiesene Arbeitsstunde bei maximal 40 Arbeitsstunden pro Woche als förderfähiger Aufwand berücksichtigungsfähig. Entsprechendes gilt für Eigenleistungen von Mitunternehmern (§ 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 FZulG).

Die Förderung nach dem Forschungszulagengesetz (FZulG) erfolgte bisher nur in Bezug auf dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslöhne von in Forschung und Entwicklung beschäftigten Arbeitnehmern, Eigenleistungen sowie anteilig in Bezug auf das Entgelt für Auftragsforschung. Für Wirtschaftsjahre ab Januar 2024 wird die Forschungszulage auf im Forschungs- und Entwicklungsvorhaben genutzte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die für die Durchführung des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens erforderlich und unerlässlich sind, ausgeweitet (§ 3 Abs. 3a FZulG). Außerdem können für in Auftrag gegebene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben 70 % statt 60 % der Kosten, die der Auftraggeber aufwendet, als förderfähige Aufwendungen berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 4 FZulG). Die Bemessungsgrundlage umfasst die im Wirtschaftsjahr entstandenen förderfähigen Aufwendungen und beträgt grundsätzlich 2 Mio. EUR. Durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz wurde die maximale Bemessungsgrundlage vorübergehend auf 4 Mio. EUR verdoppelt. Diese wird nun dauerhaft auf 10 Mio. EUR erhöht (§ 3 Abs. 5 FZulG). Die Forschungszulage beträgt 25 % der Bemessungsgrundlage. Kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der KMU-Definition des Anhang I der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung können eine Erhöhung der Forschungszulage um 10 Prozentpunkte beantragen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 FZulG).

 

Fazit: Das “abgespeckte” Wachstumschancengesetz beinhaltet begrüßenswerte Verbesserungen (etwa erhöhter Verlustvortrag sowie Ausbau der steuerlichen Forschungsförderung), Erleichterungen und Vereinfachungen sowie teilweise (wegen im Sinne von Steuerpflichtigen ausgefallener BFH-Rechtsprechung) Verschärfungen. Eine substanzielle Steuerreform steht jedoch aus. 

Kontakt

Dr. Henning Frase

RA, StB, FA StR, FB IStR