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Wandeldarlehen (Convertible Loan Arrangements) haben sich durchgesetzt. Gerade junge Unternehmen in der ersten Wachstumsphase (Pre-Seed-Phase) beschaffen sich auf diese Weise Kapital. Der Reiz für Investoren liegt darin, dass diese durch die Wandlungsoption eine Aussicht auf vergünstigte Anteile an der finanzierten GmbH (oder anderen Rechtsform) erhalten, welche typischerweise im Rahmen einer nachfolgenden Kapitalerhöhung/Finanzierungsrunde oder bei einem Exit der Gründer zum Tragen kommt.

Erfunden wurde diese Finanzierungsform in den USA, wo SAFE-Arrangements (SAFE= simple agreement for future equity) und tokenbasierte SAFT-Arrangements (SAFT= simple agreement for future tokens) an der Tagesordnung sind. Ein Unterschied besteht darin, dass der Kapitalgeber einer US-SAFE-Finanzierung wegen der Aussicht auf die vergünstigte Kapitalbeteiligung (Sweet Equity) meistens auf eine Darlehensverzinsung von vornherein verzichtet.

Die Attraktivität von Wandeldarlehen beruht einerseits auf der steuerlichen Vergünstigung beim „Tausch“ der Fremdkapitalforderung in vergünstigte Geschäftsanteile, andererseits auf dem fehlenden Erfordernis einer Bewertung des finanzierten Unternehmens bei Darlehenshingabe sowie schließlich auch auf dem einfachen Abschluss: Vielfach wird auf die Hinzuziehung eines Notars verzichtet und erst die spätere Anteilsgewährung (Kapitalerhöhung) beurkundet.

Nun hat ein deutsches Oberlandesgericht die geübte Praxis durch ein (nicht rechtskräftiges) Urteil erschüttert (OLG Zweibrücken, Urteil vom 17.5.2022 – 8 U 30/19).

Zum durch das OLG entschiedenen Sachverhalt:

Eine GmbH hatte 2015 mit einer Schweizer Kapitalgeberin einen Wandeldarlehensvertrag abgeschlossen. Dabei sah der Vertrag für die GmbH eine Wandlungsverpflichtung im Falle einer Kapitalerhöhung sowie für den Darlehensgeber ein jederzeitiges Wandlungsrecht vor. Im September 2016 wurde sodann aufgrund von Eigenantrags über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der klagende Insolvenzverwalter nahm den Geschäftsführer der GmbH persönlich gemäß § 64 S. 1 GmbHG a. F. (vergleiche nunmehr § 15b InsO) auf Ersatz von im ersten Halbjahr 2016 bei der GmbH abgeflossenen Zahlungen in Anspruch, da unter anderem wegen der Formunwirksamkeit des Wandeldarlehensvertrags schon im Februar 2016 eine sofortige Rückzahlungsverpflichtung und damit Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der GmbH vorgelegen hätte.

Die Brisanz dieses Urteil liegt in den Ausführungen zu den Formvorschriften bei Wandeldarlehen:

1) So meint das Gericht, dass die in dem Darlehensvertrag verankerte Verpflichtung zur Wandlung in GmbH-Geschäftsanteile gemäß § 55 Abs. 1 GmbHG zumindest beglaubigungspflichtig sei. Dies ist unseres Erachtens unzutreffend, da das Beurkundungserfordernis von solchen Übernahmeerklärungen nicht den Übereilungsschutz des Erklärenden, sondern die rechtssichere Information der Öffentlichkeit über die Eigenkapitalgrundlage der Gesellschaft bezweckt.

2) Weiter meint das Gericht zu der Auffassung, dass die „satzungsändernde“ Option des Darlehensgebers auf Wandlung in Stammkapitalanteile nach § 53 Abs. 2 GmbHG beurkundungspflichtig sein könne. Dem ist zu entgegnen, dass § 53 Abs. 2 GmbHG keine Belehrungs-, sondern eine reine Beweisfunktion hat. Der Notar protokolliert bei GmbH-Satzungsänderungen Tatsachen.

3) Zuletzt kann auch kein Notarzwang aus § 15 Abs. 3 oder 4 GmbH-Gesetz hergeleitet werden. Diese Vorschriften erfassen nur die Veräußerung von bereits vorhandenen GmbH-Geschäftsanteilen. Der „Handel“ mit bestehenden GmbH-Geschäftsanteilen soll erschwert und der Beweis über den Übergang von GmbH-Geschäftsanteilen durch das Beurkundungserfordernis erleichtert werden.

Das Urteil hat in der Praxis für Unsicherheiten gesorgt, was zu Lasten der Attraktivität des Wandeldarlehens geht und letztlich Finanzierungen für junge Unternehmen (oder auch Brückenfinanzierungen) erschwert. Es wäre wünschenswert, wenn der Bundesgerichtshof letztinstanzlich das Oberlandesgericht korrigiert. Jedoch ist dies nicht sicher, weil die Ausführungen des OLG nicht entscheidungstragend waren.

Kontakt

Dr. Henning Frase

RA, StB, FA StR, FB IStR

Michael Primbs

RA