Die Eintragung eines Vereins als „e.V.“ im Vereinsregister ist keine Pflicht. Es gibt auch nicht eingetragene Vereine. Mit Inkrafttreten des MoPeG (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts) zum 1. Januar 2024 ergeben sich relevante Änderungen im Vereinsrecht. Neu ist der Begriff „Verein ohne Rechtspersönlichkeit“ in § 54 BGB sowie die klare gesetzliche Unterscheidung zwischen dem wirtschaftlichen und dem nichtwirtschaftlichen Verein ohne Rechtspersönlichkeit. Es kann sich auch eine Eintragungspflicht für nicht eingetragene Vereine ergeben.
1.Vereinsrechtliche Grundlagen
Ein Verein ist ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss von Mitgliedern, die gemeinsam einen Zweck verfolgen. Zwingende Organe des Vereins sind Vorstand und Mitgliederversammlung. Andere Organe sind möglich (beispielsweise Kuratorium oder Beirat, manchmal auch ein vereinsinternes Schiedsgericht).
Zivilrechtlich wird einerseits zwischen dem ideellen (nichtwirtschaftlichen) sowie dem (selten anzutreffenden) wirtschaftlichen Verein unterschieden und zum anderen danach, ob ein Verein eingetragen und bereits deswegen rechtsfähig ist („e. V.“) oder nicht eingetragen ist (früher irreführend auch als „nichtrechtsfähiger Verein“ bezeichnet).
Verfolgt ein Verein nachweisbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (nach seiner Satzung sowie ausweislich der konkreten Verwendung der Vereinsmittel!) ist eine Anerkennung des Vereins als steuerbefreit für Zwecke der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer möglich, egal ob eingetragen oder nicht. Ein steuerbefreiter Verein, der teilweise wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt (beispielsweise Verkauf von Merchandise, Veranstaltung gegen Eintritt, gastronomischer Betrieb, usw.) kann steuerpflichtig sein, soweit Bagatellgrenzen überschritten werden (Steuerpflicht mit dem „wirtschaftlichen“ Geschäftsbetrieb des Vereins).
2. Änderungen im Vereinsrecht durch das MoPeG
Die „Jahrhundertreform“ des Personengesellschaftsrechts durch das MoPeG zum 1. Januar 2024 berührt auch das Recht der Vereine. Zum einen erfolgt dies durch die Neufassung von § 54 BGB, zum anderen durch Änderungen im Personengesellschaftsrechts, die sich auch auf Vereine auswirken.
(1) Anzuwendendes Recht: Unterscheidung zwischen wirtschaftlichem und ideellem Verein
Auf den nicht eingetragenen wirtschaftlichen Verein (der auch nicht ausnahmsweise durch eine staatliche Konzession Rechtsfähigkeit erlangt hat) sind nach der Neufassung von § 54 Abs. 1 Satz 1 BGB die (nunmehr geänderten) Regelungen der GbR anzuwenden. Die Änderungen im Recht der GbR zum 1. Januar 2024 gelten somit auch für den wirtschaftlich tätigen nicht eingetragenen Verein.
Auf den nicht eingetragenen „ideellen“ Verein finden demgegenüber die Regelungen über den eingetragenen Verein sinngemäß Anwendung, § 54 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Es wird also unterschieden, ob ein Verein ohne Rechtspersönlichkeit auf einen wirtschaftlichen Zweck ausgerichtet ist (Behandlung dann entsprechend einer GbR) oder ideelle Zwecke verfolgt (Behandlung dann entsprechend Vereinsrechts).
(2) Vereinsvermögen des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit
Dem nicht eingetragenen Verein war, wie auch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, das Bilden von eigenem (Vereins-)Vermögen vor Inkrafttreten des MoPeG nicht gestattet. Vorhandenes Vermögen stand allen Mitgliedern gesamthänderisch zu. Seit dem 1. Januar 2024, unter Umsetzung der BGH-Rechtsprechung seit 2001, ist ausdrücklich auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Trägerin von Rechten und Pflichten, falls sich die GbR nicht auf eine Innen-Gesellschaft beschränkt, sondern gegenüber Dritten, nach außen, auftritt.
Daraus folgt, dass auch der Verein ohne Rechtspersönlichkeit eigenes Vereinsvermögen bilden kann.
(3) Persönliche Haftung beim Verein ohne Rechtspersönlichkeit
Beim nicht eingetragenen Verein hafteten Mitglieder vor Inkrafttreten des MoPeG unter Umständen persönlich, wenn etwa im Namen des Vereins Rechtsgeschäfte abgeschlossen wurden oder für Mitgliedsbeiträge anderer Mitglieder. Diese Haftung richtete sich im Zweifel nach den Grundsätzen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Seit dem 1. Januar 2024 gibt es diese persönliche Haftung nur noch bei Mitgliedern wirtschaftlicher Vereine ohne Rechtspersönlichkeit. Überdies ist nach § 54 Abs. 2 BGB die Haftung begrenzt: Aus einem Rechtsgeschäft, das im Namen eines Vereins ohne Rechtspersönlichkeit einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet (nur) der Handelnde persönlich; handeln mehrere, haften sie als Gesamtschuldner.
Der nicht eingetragene Verein hat jederzeit die Möglichkeit zur Eintragung ins Vereinsregister. Die persönliche Haftung der Vereinsmitglieder erlischt in diesem Fall für im Namen des Vereins eingegangene Verbindlichkeiten spätestens ab Eintragung.
(4) Neues Beschlussmängelrecht
Anders als bei Kapitalgesellschaften gab es für Vereine (oder Personengesellschaften) bisher keine gesetzlichen Regelungen bei fehlerhaften Beschlüssen der Mitgliederversammlung. Beschlüsse der Mitgliederversammlung, die unter Verstoß gegen Vorgaben der Satzung oder geltendes Recht gefasst wurden, waren stets nichtig. Eine Abstufung hinsichtlich der „Intensität“ des Verstoßes erfolgte nicht. Klagen gegen Beschlüsse waren, soweit in der Satzung keine andere Regelung getroffen wurden, zeitlich unbegrenzt möglich. Einzige zeitliche Begrenzung war die Verwirkung.
Das neue Beschlussmängelrecht im Personengesellschaftsrecht orientiert sich an dem der Aktiengesellschaft. Es wird jetzt unterschieden zwischen der bloßen Anfechtbarkeit eines rechtswidrigen (aber nicht nichtigen) und der Nichtigkeit eines Beschlusses. Gegen rechtswidrige (aber nicht nichtige) Beschlüsse müssen Vereinsmitglieder, falls nichts anderes in der Satzung geregelt ist, nun fristgerecht Anfechtungsklage erheben, vergleiche zu Einzelheiten §§ 714a bis 714e BGB. Es gilt eine dreimonatige Frist zur Anfechtungsklage, soweit die Satzung nichts abweichendes regelt. Nur bei schwerwiegenden Verstößen sind Gesellschafterbeschlüsse nichtig.
Unterschiede zum Aktienrecht bestehen bei den gesetzlichen Nichtigkeitsgründen. Gemäß § 714a Abs. 2 Nr. 1 BGB n. F. ist ein Beschluss nichtig, wenn er mit zwingendem Recht nicht vereinbar ist. Im formalistischen Aktienrecht führt demgegenüber bereits ein Verstoß gegen Formalien der Beschlussfassung zur Nichtigkeit (vgl. § 241 Nr. 1 und Nr. 2 AktG), ebenso ein Verstoß gegen das Wesen der Aktiengesellschaft, gegen Gläubigerschutznormen oder Bestimmungen, die im öffentlichen Interesse gegeben sind (§ 241 Nr. 3 AktG). Das Personengesellschaftsrecht gesteht mehr Vertragsfreiheit zu. Im Gegensatz zum Aktienrecht hängt die Anfechtungsbefugnis auch nicht davon ab, dass das Vereinsmitglied in der Mitgliederversammlung erschienen ist und gegen einen Beschluss stimmt. Im Aktienrecht (und nach überwiegender Meinung im GmbH-Recht) ist demgegenüber ein Widerspruch zwingend in das Protokoll der Hauptversammlung aufzunehmen, um die Anfechtungsbefugnis zu sichern.
Aufgrund der weitgehenden Vertragsfreiheit steht es dem Verein frei, das neue Beschlussmängelrecht modifiziert in der Satzung zu verankern.
(5) Informationsrechte
Bisher gab es für Vereinsmitglieder keine gesetzlich verankerten Informationsrechte. Durch das MoPeG erhalten Mitglieder nicht eingetragener wirtschaftlicher Vereine gesetzlich verankerte Informationsrechte gegenüber dem Verein. Mitglieder solcher Vereine können nun alle Informationen verlangen, die sie zur Ausübung ihrer Mitgliedschaftsrechte benötigen, Unterlagen des Vereins entsprechend § 717 Abs. 1 BGB n. F. einsehen und Auskunft über die Vereinsangelegenheiten verlangen. Dieses Informationsrecht können Mitglieder grundsätzlich jederzeit geltend machen, nicht mehr nur im Rahmen einer Mitgliederversammlung.
Diese erweiterten Rechte finden ihren Grund in der persönlichen Haftung. Mitglieder nicht eingetragener wirtschaftlicher Vereine haften im Einzelfall unbeschränkt persönlich, weshalb sie einen umfassenden Einblick in die Unterlagen der Gesellschaft nehmen können sollen. Nur so können Mitglieder ihr Risiko abschätzen und kontrollieren. Im Gegensatz dazu haften Mitglieder von „ideellen“ Vereinen gerade nicht für die Schulden des Vereins. Sie benötigen daher auch kein entsprechend weitgehendes Informationsrecht.
Zu beachten ist, dass dieses Informationsrecht in der Vereinssatzung gemäß § 717 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht ohne weiteres eingeschränkt werden kann.
3. (Verbleibende) Unterschiede des nicht eingetragenen gegenüber dem eingetragenen Verein
Welche markanten Unterschiede verbleiben ab 2024 zwischen dem Verein ohne Rechtspersönlichkeit (nicht im Vereinsregister eingetragen) sowie dem eingetragenen Verein?
(1) Gründung
Für die Gründung des nicht eingetragenen Vereins sind bereits zwei Personen ausreichend. Gemeinsam wird die Satzung festgelegt und mit dem Beschluss als verbindlich angesehen. Mit der satzungsgemäßen Wahl eines Vorstands wird die Beschlussfähigkeit innerhalb des Vereins gewährleistet. Die Satzung des nicht eingetragenen Vereins muss keinen Formvorschriften gerecht werden, was die Vereinsgründung erleichtert. Allerdings ist zu Beweis- und Nachweiszwecken Schriftform anzuraten.
Strebt der Verein ohne Rechtspersönlichkeit eine Anerkennung als steuerbefreit durch das Finanzamt an, ist in jedem Fall eine schriftliche Satzung (die den Anforderungen der Finanzverwaltung entspricht), erforderlich.
(2) Haftung der Mitglieder
Im Gegensatz zum eingetragenen Verein können beim nicht eingetragenen Verein auch die Mitglieder haften. Seit 2024 gilt: Nur noch Mitglieder von wirtschaftlich tätigen nicht eingetragenen Vereinen haften persönlich. Die Haftung gilt dabei unabhängig davon, ob die Person ein Vorstandsmitglied ist oder nicht. Diese persönliche Haftung wird durch § 54 Abs. 2 BGB beschränkt und gilt für den (nicht eingetragenen) ideellen Verein nicht.
Mitglieder und der Verein sollten prüfen, ob ein verbleibende persönliche Haftungsrisiken durch Versicherungsschutz vermeidbar sind oder nicht doch eine Eintragung im Vereinsregister und dadurch eine Haftungsbegrenzung angezeigt ist.
(3) Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit?
Vertrackt ist die Grundbuchfähigkeit des Vereins oder Rechtspersönlichkeit:
Vor der 2009 erfolgten Änderung von § 47 Abs. 2 GBO wurden nicht eingetragene Vereine von vielen Grundbuchämtern unter ihrem Namen in das Grundbuch eingetragen. Diese Praxis wurde in einigen Ämtern bis zu einer BGH-Entscheidung 2016 beibehalten, da nicht klar war, ob § 47 Abs. 2 GBO a.F. dieser Praxis entgegenstand. Überwiegend aber wurden nicht eingetragene Verein wie BGB-Gesellschaften, nur dann ins Grundbuch eingetragen, wenn auch die Eintragung ihrer sämtlichen Mitglieder (aufgrund von § 47 Abs. 2 GBO) beantragt wurde. Lehnten Vereine das wegen der Zahl ihrer Mitglieder ab, wurde die Eintragung regelmäßig verwehrt.
Ab 2024 ist die Grundbuchfähigkeit von Vereinen ohne Rechtspersönlichkeit durch den Gesetzgeber noch ungeklärt. Es wird im Fachschrifttum die Auffassung vertreten, dass Vereine sich nunmehr erst entweder ins Vereinsregister (als ideeller Verein) oder, bei wirtschaftlicher Zwecksetzung, je nach Einzelfall als eGbR ins Gesellschaftsregister oder als OHG ins Handelsregister eintragen lassen müssten, um dann grundbuchfähig zu sein. Nach anderen Auffassungen ist ein Verein ohne Rechtspersönlichkeit entweder gar nicht mehr grundbuchfähig, oder weiterhin (ungeachtet der Änderungen für die GbR) nur bei Eintragung unter Benennung aller seiner Mitglieder.
4. Fazit: Was Vereine und Gründer jetzt beachten sollten
Der nicht eingetragene Verein (Verein ohne Rechtspersönlichkeit) erscheint als Rechtsform insbesondere für kurzzeitige ideelle Zwecke ohne wirtschaftliche Tätigkeit unter Umständen noch sinnvoll. Ist Ziel des Vereins eine längerfristige Zweckbindung, ist aus Gründen der Haftungsminimierung sowie der Praktikabilität die Eintragung empfehlenswert.
Mit Inkrafttreten des MoPeG zum 1. Januar 2024 erscheint eine Eintragung insbesondere aufgrund der faktischen oder tatsächlichen Eintragungspflicht etwa bei Immobilien oder GmbH-Anteilsbesitz, spätestens bei im Grundbuch oder jeweiligen Register vorzunehmenden Anteilsänderungen, unumgänglich.